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Sonntagsbrise

September, 20th – Affalter

Heute habe ich mich aufgemacht ins Erzgebirge. Schon gestern war mir Leipzig ein klein wenig zu kopfschmerzig laut, so packte ich heute morgen Hund und Rechner und fuhr den kleinen Moment nach Affalter. Sonntagsbrise im Gebirge =).

Hier auf der Terrasse meiner Eltern zu sitzen, mit einer guten Dosis Kaffee im Blut, sprudelndem Zitronenwasser vor mir und Rumo zu meinen Füßen ist eine schöne und willkommene Abwechslung zu meiner Stadtwohnung in der Zschocherschen Straße. Hebe ich meinen Blick vom Bildschirm, dann schaue ich ins Grüne, eine Schar schnatternder Weihnachtsgänse zieht über die Wiese, der Bach rauscht und es riecht nach dem lauen Übergang von Sommer zu Herbst. Unentschlossen scheint die Natur noch zu sein, warm und herzerwärmend strahlt sie Sonne vom tiefblauen Himmel, die Bäume klammern noch am Laub und dazwischen immer wieder die herrlichsten Blumentupfer in Farben die kaum eine Palette reizvoller zaubern könnte. Meine Seele atmet tief.

Vor einer Woche habe ich das Englischexamen absolviert. Ein ganzer Samstag in Chemnitz stellte meine Sprachkenntnisse auf die Probe: reading & use of English, writing, listening und nach einer vierstündigen Pause speaking. Der letzte Teil rutschte aus meinem Ärmel und besonders hier dachte ich an meine Englischlehrerin Klara, die mir vorher noch liebevoll eingehämmert hatte: nicht übersetzen, fühl die Sprache, tauche ab. Das gelang mir und ich war einigermaßen versöhnt, liefen doch die ersten drei Teile so gar nicht wie gedacht. Schwerer als zuvor waren die Texte und die unmöglichen coronös-cambridge-gesetzten Prüfungsbedingungen erschwerten den Denkprozess. Ich fühlte mich zurückversetzt in meine Abiturzeit, das Gefühl was hängen blieb war nur: versemmelt. In sieben Wochen werde ich wissen, ob sich das Gefühl auf Papier bestätigen wird: am 12. November um 09.00 Uhr ortszeit Cambridge werden die Ergebnisse veröffentlicht. Bis dahin übe ich mich in Geduld, hoffe auf das Beste und übe täglich allein Englisch. So komme ich nicht aus dem Spachgefühl und kann gegebenfalls die Prüfung wiederholen. Crossed fingers, dass das nicht nötig sein wird!

Seitdem mein Alltag in Leipzig nicht mehr von Sprachschule und Englischpauken strukturiert ist, sind die Tage neu und immer wieder wie ein kleines weißes Blatt. Rumo und ich entdecken alte Wege in und um die Stadt, laufen viel und jagen den Ball, hopsen in den Cossi und treffen liebe Menschen. Manches mal führen uns unsere Pfoten in den Verlag oder in den Garten und immer wieder gibt es schöne oder notwendige Dinge zu erledigen. Vieles schleicht sich durch meinen Kopf, Ideen für den Blog oder das Papier, ich erfreue mich am „einfach-sein“ und tagträume so manchen Moment.

Gleich werden Rumo und ich in den Erzgebirgswald eintauchen. Mehr Worte gibt es später. Habt einen hübschen Sonntag!

Breaking news I

September 11th – Leipzig

Seit ein paar Tagen bewegt sich etwas in Neuseeland. Vermutlich aufgrund des steigenden Drucks, sozialer und ökonomischer Natur, kündigt die neuseeländische Regierung Veränderungen im Visa-Prozess an. Mit dem Beginn des kommenden Monats Oktober treten ganz wahrscheinlich Neuerungen in Kraft, die Partner und Arbeitende betreffen werden. Alles freilich noch im überschaubaren Rahmen, mit gefühlten tausend Auflagen und limitiert auf Länder, die am Programm des visumfreien Reisens teilnehmen. Es bleibt spannend!

Wer mehr wissen möchte, hier ein paar lohnenswerte Auszüge…

…von der Regierungsseite Neuseelands: https://www.beehive.govt.nz/release/border-changes-help-reunite-new-zealanders-their-loved-ones?fbclid=IwAR2E6KAaGenc8ZPEHS4-P2J3l3Xmhw0FqxYoPgcHSHlkt1YuMDF4so7Lm9U

…von Zeitungsseiten: https://www.tvnz.co.nz/one-news/new-zealand/government-reveals-easing-border-restrictions-some-resident-work-visa-holders-partners-kiwis?fbclid=IwAR1fRivRMxQoj-hL-DoF9HTgmpvX66iSrFDXyp7Jrafdho0gan3sWUBcZEw

https://www.rnz.co.nz/news/national/425799/border-exception-change-comes-into-place?fbclid=IwAR1RS16AKE1P-LpFica9PNnNw3arqoGytuszSiXz33WP40JH_whVVVgEaEE

Und wer sind eigentlich „visa waiver countries“?

https://www.immigration.govt.nz/new-zealand-visas/apply-for-a-visa/tools-and-information/general-information/visa-waiver-countries?fbclid=IwAR1fRivRMxQoj-hL-DoF9HTgmpvX66iSrFDXyp7Jrafdho0gan3sWUBcZEw

Geschenktes Lächeln

Heute Morgen als ich mit dem Rad durch den herrlich grün und schon fast herbstlich duftenden Clara-Park ins Büro fuhr, sah ich von weitem einen Vater mit seinem kleinen Steppke auf dem Weg entlangschlendern. Weil ich Zeit hatte und die beiden auch nicht unfreundlichst aus dem Weg klingeln wollte, entschied ich mich abzusteigen und ein kleines Stück mein Rad zu schieben, um sie zu Fuß zu überholen. Der Kleine hatte herrlich pumpige, blauen Hosen an, einen verwegenen Hut auf dem Kopf, mehr stolpernd als laufend und so voller Begeisterung über all das, was er sah. Er deutete mit seinem kleinen Zeigefinger auf alles um ihn, erzählte fröhlich – leider in einer Sprache, die ich nicht spreche. Sein Vater schlenderte ihm hinterher, lauschte, freute sich und staunte mit ihm. Irgendwann stoppte der kleine Mann und bemerkte, dass ich dabei war, mein Rad an ihm vorbei zu schieben. In diesem Moment drehte er sich um, sein Blick musterte erst meine Flipflops und wanderte dann wechselnd zwischen mir und meinem Rad nach oben, bis er mich mit großen dunkelbraunen Augen ansah. Ohne Zögern schoss ein Strahlen in sein Gesicht, er hob seinen kleinen Arm und winkte mir mit einem bezaubernden Lächeln…

Er hat damit mein Herz berührt. Erst an der Tür fiel mir auf, dass ich mein Rad komplett bis zum Büro geschoben hatte, so in Gedanken versunken war ich. … Seitdem ich wieder in Deutschland bin, bemerkte ich vermehrt, dass die meisten Menschen in den Straßen scheinbar schneller unterwegs sein wollen, als ihr Schatten, als ihre Gedanken. So viele wirken gehetzt, angespannt, von einer unsichtbaren Macht bedrängt, als wären die grauen Herren Momos hinter ihnen her. Verbissen klemmen sie im vollgestopften Stadtverkehr hinter ihren Lenkrädern, zumeist allein, manche scheinen Beißschienen zu benötigen, sie zerknirscht sehen sie aus. Radfahrer suchen die letzte Lücke, quetschen sich zwischen Autos und mit Einkaufstüten vollgepackten Passanten hindurch, schimpfen lautstark oder murmeln fluchend, schlupfen noch schnell bei Rot über die Fußgängerampel, um zwei Minuten vor den anderen im Netto das preisgesenkte Hack zu erhaschen. … Ohja, ich weiß, spitze Zunge, Frau Finsterbusch! Und doch: wer hat uns das Gemüt so verhagelt, dass wir nicht einfach mal jemanden anlächeln könnten? Auch schon erlebt im „Anlächelexperiment“ (einfach mal jemanden anlächeln, ohne ihn zu kennen) Auch schon mal probiert? Also die Reaktionen auf mein Anlächeln waren breitgefächert: beschämtes Wegschauen, am liebsten auf den Boden und geduckt weiterlaufen; verstohlenes und doch unsicheres Zurücklächeln; „getroffenes Bellen“ im Sinne von „Was soll denn das?“ oder auch verschüchtertes „Hä, kennen wir uns?“. Doch Platz eins war ungeschlagen: kurzer Blickkontakt, dann weiter nach vorn starren und auf keinen Fall das Gesicht dabei bewegen. … Ja, meine spitze Zunge bleibt. Gedanken schwirren mir durch den Kopf… Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder… Erwachsenwerden und ein Kind bleiben… bei Kindern ist nichts von Dauer, sie tragen nichts nach… Kästner, der schrieb, wir sollten uns die Kindheit nicht austreiben lassen… und es war Kästner, der auch schrieb:

„Die meisten Menschen legen ihre Kindheit ab wie einen alten Hut. Sie vergessen sie wie eine Telefonnummer, die nicht mehr gilt. Ihr Leben kommt ihnen vor wie eine Dauerwurst, die sie allmählich aufessen, und was gegessen worden ist, existiert nicht mehr.“

frühe Kinderschue
Das bin ich übrigens im Garten meiner Großeltern; ein Bild mit meinem sympathischsten Kinderlächeln suche ich euch raus, wenn ich meine Fotobücher mal wieder in den Händen habe =)

Bengalische Blätter

September 8th – Leipzig

Ich sitze heute morgen im Verlagsbüro. Der frische Kaffee entdampft der Tasse, bringt meinen Geist in Schwung – hoffentlich =). Englischlernen steht auf dem Plan (und das kann ich hier unter dem „wachsamen Auge meiner arbeitenden Kollegen“ hoffentlich besser als in meinen vier Wänden daheim) und freilich habe ich auch den großen Willen, etwas für Phonus zu tun. Ein paar Mails habe ich beantwortet und umsortiert, einige Telefonate gemacht, zwischendurch ein bisschen aus dem Fenster geträumt und manches mal auf die Uhr über mir gelunzt und mir ganz geheim gewünscht, dass sie heute schneller ticken würde. Den Gefallen hat sie mir bisher nicht getan, aber man kann ja nie wissen 😉

Auf meiner To-Do-Liste für den Verlag stehen jetzt nur noch Dinge, die wirklich (!) zäh und unliebsam sind. Vielleicht kennt ihr das? Dann macht man erstmal was, was auch wichtig ist, aber definitiv (und damit meine ich wirklich definitiv) schöner als die unliebsamen Dinge. So habe ich meinen Blog geöffnet und ihn ein wenig aufgeräumt – nicht wundern: manche Bilder der Reise musste ich umspeichern, so dass sie als megaaktuell angezeigt werden, in Wirklichkeit aber schon 4 Monate alt. Ui, so lange ist es her, dass ich an der Westküste Neuseelands meine Zehen in Meerwasser getunkt habe, über den Gletscher „gehubschraubt“, mit den Seelöwen Auge in Auge ganz still über die Welt gesprochen habe… Und so „tagträume“ ich direkt weiter, sehne mich nach Salzluft und ja, manches mal auch nach dem Geruch fauler Eier in Rotorua ;-), will den straffen Wind in meinen Haaren zerren fühlen und das unglaubliche Grün aufsaugen, die außergewöhnlichen Vögel singen und kreischen hören und meine Sinne, mein Herz und mein Hirn schweifen lassen. Will Erfahrungen sammeln und Schritte tun, will darüber schreiben. Will Worte finden für das Aus- und Unaussprechliche.

Ein bisschen so, wie meine liebe Freundin Line es getan hat in ihrem Buch „Bengalische Blätter“. Es war eines der ersten zarten Werke, die wir mit dem Verlag in Angriff genommen haben und gelungen ist uns ein wirklich beeindruckendes Buch. Es ist ein Buch, was ans Herz geht und unter die Haut, Berichte einer jungen Frau, die nach Bangladesh aufbricht und beinahe nicht mehr nach Hause gekommen wäre. Sie lebte mit den Brüdern von Taizé inmitten der armen Bengali, besuchte Hindus im Slum, arbeitete mit muslimischen körperbehinderten Frauen, schulte christliche Jugendleiter… und es kam, wie es nicht kommen sollte: nicht alles lief glatt. Es ist ein bezaubernd-nachdenklichstimmendes Buch und ich würde mich freuen, wenn du, lieber Blog-Leser, mal auf der Verlagsseite vorbeibummelst und es in deinen Warenkorb legtest =) – zum Selberstöbern, für einen Geburtstagstisch oder gar schon jetzt für den nächsten Weihnachtsbaum (der kommt bestimmt! – immerhin die Weihnachtsdelikatessen in den Supermärkten kündigen seit einigen Tagen davon 😉 ): http://phonus-verlag.de/startseite/22-caroline-richter-bengalische-blaetter-9783944950020.html

So, es ist Zeit für noch nen Kaffee =) Auf ganz bald! Stay strong & stay safe.

Franz Josef nach Wanaka

An der Westküste

An der Südspitze der Nordinsel

writing is not the same as writing

September, 6th – Leipzig

Five more days until my C1-English-exam. Since three weeks I train this language in daily classes. Reading and using english, writing, listening, of corse speaking too. My teacher Bill and I are a bit nervous about next saturday. „You should practise more writing“ – that’s what he said last friday. So I practised more writing…. The examples out of the book are already boring: discussing financial and politival decisions like immigration topics or council policy, some questions about universities and students choises… argh. So today I decided to practise my writing in the way to tell you something about my actual situation.

First of all: a big excuse to my english-speaking readers, all these mother tongue friends – I try to do my best! =)

Last time I had to write things like essays was in school. The year 2001. I remember myself being so excited and nervous about passing the „Abitur“. Especially in the german test I had the feeling that I completly failed. The result told me something else. I was surprised in any possible way.

Also later for my studies I had to write plenty of texts: meditations and worships, bible exegesis, historical texts, tests evry semester and at least my final thesis about the special topic „religious symbols out of advertising, their meaning and using for religious lessons“. To write formal texts was never easy. The biggest problem I have had was staying concentrated and focussed. If I had the chance to write for more days I often thought: „Hm, I could clean my windowds… I should do my laundry… what about mowing gras…?“ Nearly evrytime I had many better ideas when writing. 😉

In contrast to that: If I worte private, e.g. letters or cards or texts, articels or at least pages for the blog last year, I can stay focussed, words are flying out of my head and my heart. Never do I have to think about what to do instead. In a private way I look forward to bringing words on paper, talking about different topics, sharing thoughts…So crossed fingers! Hopefully next week sitting in the writing exam there will be a topic which I can understand personally. And answer the task thinking writing to you!

At the end some personal words, especially to my friends in NZ: In July I came back to Germany to organise private matters but also to get prepared for coming back to New Zealand and staying for a while. The borders of NZ are still closed and until today I tried six times to get the border exemptions, which I need to apply for a visa. Evry single time I recieved a denial, but I won’t loose hope, that one day it will be possible again for me to enter. I became part of two Facebook-groups sharing the same experience and I see people there without hope, with fear and a lot of insulting speech – what we all share is the feeling of being „de-parted“. Some of their families, some of their partners, some of their companies… all from a place we want to go to not only spending 14days holiday there. The actual political situation is in blur. Nobody can tell something about timeline, about ideas to open the country „just a bit“. In conclusion a lot of partnerships are in danger, a lot of members – especially families – got health issues, mental problems… I know: I am not able to change something. I need patience, endurance and courage. And I need evryday a lot of understanding for political desicions. Maybe like you…

For now I can learn English… and so I go back to my student’s book to practise some grammar – yeah =)

Mal kurz zwischendurch: Wohnungsmarkt Leipzig

August 30th – Leipzig

Ich suche eine neue Bleibe, für Rübchen und mich. Das letzte Mal, als ich in Leipzig umgezogen bin, war zu Beginn des Jahres 2019. Damals musste ich aus einer zu großen Wohnung aus der Südvorstadt ausziehen; die Idee: ich suche mir ein WG-Zimmer oder eine kleine Wohnung. Drei Monate habe ich zum Jahreswechsel 2018/2019 damit zugebracht, mir Wohnungen anzuschauen, mich WGs vorzustellen, mich durch unzählige Onlineangebote zu wühlen; alles leider mit weniger Erfolg gekrönt. Zuletzt wurde ich auf Ebay Kleinanzeigen fündig: eine kleine Wohnung in der Zschocherschen Straße wurde annonciert, innerhalb von zehn Minuten gab es zwanzig Interessenten – ich war eine davon. Als ich die damalige Mieterin traf, wurde schnell deutlich, dass ich mit „ehrlich währt am längsten“ wohl eher unter „ehrlich wird nicht fündig“ verbucht würde. Also wandte ich einen kleinen Trick im Gespräch an, um den direkten Kontakt zur Hausverwaltung zu bekommen, schrieb noch am gleichen Abend eine Email an selbige und bekam den Zuschlag. Getrickst deshalb, weil eigentlich die Mieterin eine Nachfolge „aussuchen“ durfte. Trotz des Zuschlags behielt ich einen dumpfen Beigeschmack – wie sollte das wohl weitergehen in dieser Stadt mit bezahlbarem Wohnraum, der gefühlt nicht so weit draußen ist, dass man den Eindruck bekäme, näher an Chemnitz als an der Leipziger Innenstadt zu wohnen?

2019 zog ich in die Wohnung und schon damals dachte ich mir „Das ist bloß für den Übergang, bis ich was hübsches finde“. Bezahlbar ar sie auf jeden Fall, doch gelegen an einer Hauptverkehrsstraße des Leipziger Westens, reger ÖPNV, eine Feuerwache fußläufig, Kneipen, Studentenpartys und vor allem: kein Grün vor der Nase. Dann kam das Jahr 2019 anders als geplant und ich entschied mich, die Stadt für eine Weile zu verlassen und mir die Welt anzuschauen. Als ich die Wohnung zur Zwischenmiete ausschrieb, ging es mir wie meiner Vormieterin: innerhalb weniger Minuten gefühlt hunderte Interessenten, denn kleine Wohnungen, die auch noch einigermaßen bezahlbar sind, blieben rar.

Zeitsprung: als ich im April 2020 in Neuseeland war, wurde mir wieder deutlich, dass ich nicht mehr „Kompromisswohnen“ wollte. Ich möchte wenigstens auf einen Baum gucken, im besten Fall einen bzahlbaren Wohnraum mit Balkon haben, das Gefühl zu atmen, anstatt mich entscheiden zu müssen zwischen „Luft und Lärm“ oder „Ersticken und ein bisschen weniger Lärm“. Zurück in Leipzig habe ich deswegen nun meine Wohnung gekündigt zu Ende November. Und seitdem geht die Suche von Neuem los. Klar ist: eine WG auf Zeit ist denkbar (weiß ich ja nicht, wie schnell ich wieder losziehen kann), eine Wohnung ist möglich – aber wo? WG gesucht bietet Abhilfe, seit gestern habe ich wieder ein Profil. Bezahlbarer Wohnraum für Alleinwohnende in Leipzig? Eine Illusion?

Seit 8 Jahren ist Leipzig – zusammen mit Berlin und Frankfurt – eine der am schnellsten wachsenden Großstädte Deutschlands. Jährliche Wachstumsrate: ca. 2 Prozent. Dabei sind die Auswirkkungen auf den Wohnungsmarkt unglaublich beachtlich. Spaziert man heute durch diverse Stadtviertel, entdeckt man an allen Ecken und Enden Baustellen, die auf Neubauten schließen lassen. Leerstehende Wohnungen sind mittlerweile Mangelware, die Nachfrage nach Wohnraum ist riesig. Besonders in dieser Zeit des Jahres, da das neue Semester vor der Tür steht. Die Stadt „scheint bemüht“, durch Mietpreisdeckel und diverse andere Verordnungen eine Preisexplosion zu zügeln – unklar bleibt, ob das gelingen mag… Fokus liegt eben auch auf Neubauten: zwischen den Jahren 2013 und 2017 wurden jährlich ca. 940 neue Wohnungen errichtet; 2018 waren es schon mehr als 2000. Dennoch: die Mietpreise steigen überdurchschnittlich (zwischen 2013 und 2017 um mehr als 10%!); Wohneigentum wird immer teurer – des Einen Freud, der anderen „Ätz“.

So bleibt es spannend, wohin es mich verschlagen wird: in eine WG, in eine eigene Bude, in welchen Stadtteil oder doch nach Borna? Lach =) Leipzig wäre wirklich super. Also: wenn du was weißt, wenn du was hörst, wenn du jemanden kennst, der was weiß oder wenn du jemanden kennst, der jemanden kennt – ruf mich an oder schreib mir ne Nachricht. Ich glaube tatsächlich: in Leipzig eine Bleibe zu finden funktioniert aktuell lediglich über Vitamin B 😉

100000000 Möglichkeiten und doch?

August 27th – Leipzig

Ich könnte doch… Englisch üben, Tagebuch schreiben, den Abwasch machen, die Fenster putzen, mich um ein neues Telefon kümmern, den Garten gießen, jemanden anrufen, die unzähligen Nachrichten im Posteingang von whatsapp beantworten, ein Bild malen, einen Film schauen, mein Auto aufräumen, die Post beantworten, Vodafone anrufen… ich könnte all das und noch viel mehr und doch: es fehlt an freier Muse. Also schnappte ich mir vor wenigen Augenzwinkern meinen Rechner, klappte ihn auf und entschied: ich schreibe etwas in den Blog. Nur was? Ja ja, ich weiß, dass ihr vielleicht gewartet habt; vielleicht habt ihr gewartet auf DIE Nachricht von mir, die euch erzählt oder erklärt oder eröffnet, was nun aus der Weltreisenden wird. Und ja, auch richtig: ich bin selten um Worte verlegen, habe meist was zu erzählen, doch: mir fehlt die Muse.

Was für mich Muse ist? Freiheit im Kopf und Herz, zu träumen, zu denken, zu sabbeln und zu sortieren, gedanklich spazieren zu gehen, kreativ zu stapeln und umzuwerfen, aufzubauen, neu zu schlichten und zu kombinieren als wäre ich Kandinsky oder Magritte mit einer Tastatur. Manchmal merke ich, wie mich die Muse „küsst“, wie mein Herz Purzelbäume schlägt und meine Finger über die Tastatur fliegen, wie meine Gedanken sich selbst überholen und ich staunend neben mir stehe. Dann ist die Muse ganz nah. Als ich in Neuseeland war genügte mir das Rauschen des Meeres, das Singen der Vögel, der kitzelnde Sonnenstrahl in meinem Cappuccino und ich die schlichte Einfachheit, um mich frei zu fühlen, um die Muse zu spüren. Zurück in Deutschland ist das anders. Und vielleicht erzähle ich euch schlichtweg davon.

Seit gut zwei Wochen habe ich wieder etwas wie alltägliches Leben: täglich wackle ich in die Leipziger Innenstadt und besuche eine Sprachschule. Das Ziel: mein Englisch auf das Level C1 advanced pauken und Mitte September dann die finale Prüfung im Cambridge-Examen ablegen. Hoffentlich erfolgreich – crossed fingers! Zwischen 5 bis 8 Schulstunden am Tag bringen mir abwechselnd zwei Muttersprachler die für mich immer noch fremde Sprache nahe: wir üben „reading & using“, „listening“, „writing“ und ganz besonders… tatata: Grammatik! Besonders in Letzterem haben sich Fehler über die Jahre eingeschlichen und nun habe ich noch knapp zwei Wochen, um meine Hirnströme dahingehend umzuprogrammieren. Superchallenge! Im Großen und Ganzen ist der Unterricht super, die Aussichten auf Erfolg im Examen sind Tagesformabhängig und doch fühlt es sich supergut an, daran zu denken, dass ich ggf in wenigen Monden einen Nachweis in den Händen halte, der mich berechtigt, für englischsprachige Unternehmen zu arbeiten. Denn – ihr habt es wahrscheinlich geahnt – den Kurs mache ich ja nicht ganz ohne Hintergedanken. Das Ziel ist es, für eine Weile nach Neuseeland zurückzugehen.

Neben dem Englischkurs habe ich mich um verschiedene Dinge gekümmert, die einfach erledigt werden müssen, wenn man wieder eine Weile ins Ausland möchte: Haushalt verkleinern, langfristige Verbindlichkeiten auflösen, Dokumente übersetzen, ärztliche Atteste einholen, den internationalen Führerschein auffrischen und und und.

Lach – manche von euch sehe ich gerade die Hände überm Kopf zusammenschlagen. Nein, ich will nicht auswandern! Ich möchte nur sehr gern von der Muse geküsst eine Weile in Neuseeland atmen, will mein Herz schlagen hören und meine Finger über die Tasten fliegen lassen.

Zurück in Deutschland zu sein, bedeutete für mich in den vergangenen Wochen, in ein System zurückzukommen, das seinen Weg läuft. Von außen betrachtet: ein System, in dem ich gut leben konnte, aktuell aber meinen Weg nicht finde. Besonders heute fühle ich mich als würde ich an einer Wegkreuzung stehen mit einer überflutenden Anzahl von Möglichkeiten. 10000000 Möglichkeiten und doch? Den von mir gewünschten Weg, für eine kleine Weile nach Neuseeland zurückzugehen, kann ich nicht einschlagen, denn noch immer sind die Grenzen Neuseelands dicht. Aktuell wird sogar davon gesprochen, vor dem Sommer 2021 nicht mehr zu öffnen. Und das bedeutet für mich: einen anderen Weg in Deutschland einschlagen, über den ich mir bisher keine Gedanken gemacht habe. Man könnte jetzt sagen, das sei naiv. Man könnte auch meinen, dass das so untypisch für mich ist, keinen Plan zu haben. Und ja, vielleicht war ich einmal planvoller, vielleicht gab es aber auch in meinem Leben bisher wenig Chancen, andere Wege einzuschlagen? Gefühlt stehe ich täglich neu vor 10000000 Möglichkeiten und dabei geht es nicht nur um die Frage, welche der Tomaten ich im Supermarkt kaufen sollte. Für mich ist es eine andere Frage: machen mich die Möglichkeiten freier? Und aktuell habe ich den Eindruck, so ganz persönlich, dass mich die Möglichkeiten lähmen, mir manchmal die Luft rauben und das Herz rasen lassen. Gefühlt haben all die Möglichkeiten, den Druck in mir steigen lassen. Und so kreise ich um mich, denke „ich könnte doch mal…“, fühle mich wie ein Panther im Käfig. Manchmal ertappe ich mich, wie ich auf mein Handy starre, auf Nachrichten warte, wie ich Netflix und Co öffne und hoffe, dass sie mir was vorschlagen, auf das ich gewartet habe, ertappe mich, wie ich Facebook durchscrolle und doch nicht denke, ertappe mich wie ich warte und warte und kreise und kreise. Dann trinke ich Kaffee, atme, lausche in mich, rauche eine zu viel, starre wieder aufs Handy, trinke noch nen Fencheltee.

Ich richte mich auf, straffe die Schultern, fühle mich dankbar, dass ich gesund bin, dass ich liebe Weggfährten habe, die mein Zögern aushalten, meinen Kopf gerade rücken und mein Herz verstehen. Und: die meinen Blog lesen, auch wenn er seltsam melancholisch daherkommt. Bis bald, ihr Lieben!

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