Zum heutigen Sonntag mag ich mich sehr gern eines Textes bedienen, den ich nicht selbst verfasst habe, der mich aber an diesem Wochenende sehr berührt hat. Er entstammt der Feder meines Kollegen Henning Olschowky und herzlichen Dank an dieser Stelle, dass ich ihn veröffentlichen darf :-)!

„Darf ich mich vorstellen? Ich bin die Liebe.

Ich bin anders als die meisten Vorstellungen von mir und es ist ganz schön ermüdend, gegen die vielen falschen Bilder anzulieben, die da von mir im Umlauf sind. Dabei ist es doch eigentlich ganz einfach. Ich bin ohne Aufwand überall bei euch, wo ihr nach mir Ausschau haltet.

Ich finde mich in der beeindruckenden Schönheit unberührter Natur ebenso wie im freundlichen Grün des Blumentopfes auf eurer Fensterbank. Ich begegne euch nicht nur im Traumpartner, sondern in jedem Menschen, dem ihr offen und vorurteilsfrei gegenübertretet. Ich bin noch da, wenn ihr alt und grau geworden seid und ein paar Pfunde zu viel über dem Gürtel hängen habt. So etwas kann die Liebe nicht vertreiben. Ich lasse mich in jedem ehrlich ausgesprochenem Lob, in jeder Anerkennung finden, die ihr einem anderen Menschen zollt. Ich bin im Respekt zu finden, den ihr vor jedem Lebewesen habt, ich lächle und winke euch freundlich zu, wenn ihr achtsam mit den Dingen dieser Welt umgeht und sie schont.

Die Liebe ist schonend, denkt daran. Sie verschont den anderen, wenn es möglich ist. Sie gibt Schutz. Sie verschenkt Aufmerksamkeit an solche, die darauf warten.

Ich bin bei euch, wenn ihr genau das tut. Ich bin in jedem Geschenk, das ihr sorgfältig ausgewählt habt, um einem anderen eine Freude zu bereiten, in jedem Lied, das ihr füreinander singt. Die Freude ist meine Zwillingsschwester. Und wir beide bleiben bei euch, auch wenn ihr etwas von euch weggegeben habt. Wir lachen euch aus spontanen Überraschungen entgegen. Wir nicken euch zu, wenn ihr Hilfe leistet und eure Fähigkeiten bereitwillig zur Verfügung stellt.

Wir haben noch einen Bruder, der Ernst heißt. Die Liebe macht ernst: das müsst ihr wissen. Das versprechen sich Liebende, wenn sie sagen: für immer. Der Ernst bleibt im Krankenzimmer, sitzt geduldig mit am Bett, wischt Tränen ab, bringt Blumen mit, erzählt Witze, obwohl ihm zum Heulen zumute ist. Er geht mit bis ans Grab eines geliebten Menschen und begleitet auch die Zeit danach, wenn der eine ohne den anderen weiterleben muss.

Manche suchen ein Leben lang nach der Liebe, aber sie finden mich nicht, weil sie an der falschen Stelle suchen – an Bord des Traumschiffes, auf der Südseeinsel, irgendwo auf Wolke sieben. Dabei bin ich ganz nah.

Ihr seht mich schon morgens im Spiegel, wenn ihr mit dem richtigen Blick hinschaut! Es ist die liebevolle Sicht ins eigene Gesicht, die mich erscheinen lässt. Wenn ihr mich so geweckt habt, gehe ich den ganzen Tag über mit euch. Ihr braucht Nachsicht, wenn ihr die Liebe sehen wollt; seid nicht zu streng mit den Menschen ringsum und mit euch selbst. Ihr braucht aber auch Vorsicht! Fallt nicht auf jedes irreführende Wort herein, das euch Liebe vorgaukelt, wo in Wirklichkeit nur Egoismus zu finden ist. Ihr benötigt Umsicht, um mich an der Seite zu haben.

Wer die Liebe finden will, darf nicht auf die Erde starren oder als Hans-guck-in-die-Luft durchs Leben stolpern.“