Schwimmhelfer

Wahrscheinlich kennen manche von euch das Lied „Still“ von Jupiter Jones… so still. Ein Lied, an welches ich in den vergangenen Wochen oft gedacht habe, denn es beschreibt ganz gut, wie es nun in meiner Wohnung und oft auch in meinem Leben ist: ganz schön still ohne Rumo.

Ich erinnere mich, wie seine Marken am Halsband geklappert haben, wenn er sich geschüttelt hat – ich schmunzle bei dem Gedanken, dass sich mal jemand, der Rumo hütete, daran versucht hatte, das Geräusch zu mindern – mit Leder zwischen den Marken und auch mit dem verzweifelten Versuch, beide Marken zusammenzukleben. Ich denke an sein herrliches Gähnen, wenn er sich nach seinem Buz gestreckt hat. Und ich denke daran, wie seine Pfoten über das Laminat tippelten. Wie er bellte, wenn es klingelte oder er nur dachte, dass gleich jemand klingeln würde; wie er hechelte und über den Teppich wirbelte, wenn es Zeit war, Zähne zu putzen oder die Leckerlitüte raschelte.

Ja, es ist jetzt wirklich still hier.

Trauer, Tränen, Verlust und Abschied sind besondere Themen und manches Mal auch Themen, mit denen wir nicht geübt sind, umzugehen. Die eigene Hilflosigkeit und die Sprachlosigkeit lähmen manchmal, das Gespräch über Trauer und Traurigkeiten sind wir nicht gewohnt, oft wird es auch unter den „Tisch gekehrt“ mit den Worten, „es muss doch irgendwie weitergehen“, „warte mal noch zwei Wochen, dann geht es wieder“, „die Zeit heilt“. Vielleicht ist es mühsam, sich mit den unschönen Zeiten des Lebens, mit Verlust und Abschied auseinanderzusetzen, vielleicht ist es unbequem oder konfrontiert uns mit unseren Grenzen wenn jemand weint… und hey, vielleicht heilt der Verlust eben nicht. Die Narbe wird vielleicht kleiner, blasser, vertrauter, doch die Narbe bleibt. Und vielleicht hilft reden, schreiben, das Thema „lauter“ machen in all seiner Stille…

Leider bin ich in den letzten Tagen auch immer wieder mit der Hilflosigkeit und vor allem der sperrigen Unsicherheit anderer konfrontiert und auch darüber möchte ich nicht schweigen. Kein zweiter Hund wird Rumos Verlust überdecken; und ja, ich werde so lange traurig sein, wie es eben dauert, auch wenn es „nur“ ein Hund war in den Augen mancher Menschen; und ja, es ist komisch, wenn ihr mich ohne Rumo trefft, doch ich bin immer noch ich, mein Fellteam fehlt halt… Rumo war für mich Familie, Rumo war mein Hundepartner, mein Seelenversteher, mein Tröster und Wachmacher, mein Runterfahrer, mein „Schwimmhelfer“. M. Schweighöfer beschreibt in seinem Lied „Fliegen“ sehr gut, was Rumo vor allem in den ersten Jahren der Therapie für mich war und letztendlich bis zum Ende auch:

“ Und ich helf‘ dir schwimmen; wenn deine Arme und Beine schwer wie Blei sind, helf‘ ich dir schwimmen. Ich helf‘ dir schwimmen, wenn der Schlamm und Schlick so dick wird, dass du denkst du wirst verrückt, helf‘ ich dir schwimmen. Helf‘ dir schwimmen, und egal wie lang, wie qualvoll, fern ob nah, bin immer da und helf‘ dir schwimmen.“

Seit drei Wochen übe ich alleine schwimmen, übe Hunderunden ohne Rumo zu gehen und trotzdem am See unterzutauchen und abzutauchen, Luft zu holen und in Bewegung zu bleiben. Es fühlt sich fremd an und manchmal so still, dann rede ich mit ihm, als wäre er noch da. Ja, vielleicht bin ich die verrückte Frau aus Markranstädt ;-), ein bisschen Lachen muss ich bei dem Gedanken, doch es hilft gegen die Traurigkeit. Und es schadet niemandem 🙂

Ich wünsche euch Worte und Mut zum Reden, Orte zum Schweigen und Arme zum Fallenlassen, Platz für Tränen und Trost. Und ganz viel Mut, zu üben.

2 Kommentare

  1. Ein toller Beitrag!!! Viel Kraft für Dich!!! Und ein paar schöne Gedanken an Sir Rumolf!!!

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