Kack-Zeiten

October 26th – Leipzig

Rumo und ich haben morgens ein Ritual: aufstehen, Kaffee kochen, Morgenpipi-Runde, Stopp beim Bäcker zum Möhrenbrötchen kaufen, nach Hause, Frühstücken. Manchmal ergänzen wir unseren alltäglichen Start in den Tag durch einen Stopp in der Elsterpassage, zumeist dann, wenn im Kühlschrank oder Haushalt was fehlt. So auch letzten Freitag. Bewaffnet mit Einkaufsliste und Karte (um kontaktlos zu zahlen) wackelten wir nach dem Bäcker noch zum Edeka. Rumo schnallte ich wie immer vorm Eingang in der Nähe des wackelnden Kinderspielautos an; manchmal frage ich mich, ob er da auch gern mal ne Runde drin fahren will, so verliebt und begeistert wie er es meist begutachtet… Ich selbst schnappte mir einen Einkaufswagen (ohne kommt man nicht am Türsteher vorbei) und laufe zielstrebig die Regale ab. Mir fallen größere Lücken auf, dann wird mir klar: wir sind echt früh dran, die Mitarbeitenden des Marktes müssen erst mal auffüllen. Mein Wagen füllt sich dennoch mit allem notwendigen, Milch, Hundefutter… zu guter Letzt brauche ich noch Klopapier. Ich biege in den Gang ein und… schaue auf gähnend leere Regale. Ein Mann läuft verzweifelt am Regal auf und ab, vielleicht hofft er, dass jemand seinen Wunsch erhört, die Regale ganz dringend aufzufüllen oder: er muss ganz dringend 😉 Kurz hoffe ich, dass er sich nicht ins leere Regal hockt, um sein Geschäft zu verrichten, grinse bei dem Gedanken. In dem Moment schaut er mich an, sein Blick strahlt pure Verzweiflung aus, murmelt etwas in meine Richtung was ich leider nicht verstehe, greift dann entschlossen zu drei Packungen Taschentüchern und bewegt sich leicht gepresst Richtung Kassenbereich. Ich glotze weiter auf die leeren Regale, entdecke dann ein kleines gelbes Schild, was den „netten Kunden“ darauf aufmerksam macht, dass es keinerlei Gründe gäbe, Klopapier zu hamstern. Entweder konnten die meisten nicht lesen oder das Schild kam nach dem Klopapierausverkauf… Nobody knows.

Als ich in Neuseeland war und dort in den Läden Mehl und Fleisch ausgingen, hörte ich davon, dass die Deutschen im Lockdown vor allem Klopapier kaufen würden… Ich gestehe: so richtig glauben konnte ich es nicht. Es ist so unvorstellbar, dass es Menschen gibt, die daheim bleiben sollen wegen Lockdown oder so (aber noch einkaufen gehen dürfen) und als erstes Panik bekommen bei dem Gedanken, kein Klopapier mehr im Haus zu haben? Als ich letzten Freitag auch aus zwei weiteren Läden im Leipziger Westen ohne Klopapier ging, weil es schlichtweg keines mehr gab, begann ich mal zu stöbern. Laut unterschiedlichen Seiten nun folgende (Funfact-) Sammlung:

1. Deutschland ist im pro Kopf Verbrauch von Klopapier bis zum Jahr 2019 Vizeweltmeister gewesen. Knapp hinter den USA wischten sich die Deutschen durchschnittlich 134 Rollen (pro Kopf) am Arsch vorbei (das sind ca 12,2 kg Klopapier). Vermutlich „schaffen wir es“ in diesem Jahr auf Platz 1 – dank der Hamsterkäufe =).

2. Durchschnittlich verbringt jeder Mensch drei Jahres seines Lebens auf der Toilette. Witziger Vergleich pro Durchschnittsleben: rund 24 Jahre schlafen wir; rund 13 Jahre reden wir; knapp 3 Jahre sitzen wir im Auto und wohl gut 12 Jahre vor dem Bildschirm.

3. Es gibt einen Tag des Klopapiers in Deutschland: das ist jährlich der 26. August. Der Welttoiletten-Tag der Vereinten Nationen wurde 2013 für den 19. November jeden Jahres ausgerufen. Der Gedanke dahinter: es soll auf die weltweiten Missstände aufmerksam gemacht werden, dann knapp 40% aller Menschen haben auch 2020 keinen Zugang zu sanitären Anlagen!

4. Wer hat das Klopapier erfunden? So genau legen sich die Kulturwissenschaftler da nicht fest: „Arschwurzen“ aus der Bronzezeit fanden Archäologen im Salzbergwerk Hallstadt im Salzburger Land, wobei es sich um „Pestwurzen-Blätter“ handelt, die zum Hintern abputzen genutzt wurden… die erste literarische Erwähnung findet sich in chinesischen Schriften des 6. Jh.

5. Die Lieblingsbeschäftigung der Deutschen auf dem Pott ist übrigens Lesen, dabei ist die Zeitung vom Smartphone längst abgelöst worden. Witziger Internetfund dazu: „Wenn die Natur ruft, achten Briten wohl nicht mehr auf ihr Hab und Gut. Denn jährlich landen in Großbritannien 855.000 Handys in der Toilette und werden runtergespült. Das ergab eine Umfrage des Preisvergleichs-Dienstes simplyswitch.com. Insgesamt, so die Umfrage, gehen jedes Jahr gut 4,5 Millionen Mobiltelefone auf der Insel verloren. Die zweithäufigste Ursache nach dem „Tod durch Ertrinken“ ist das Liegenlassen in der Kneipe (810.000), im Taxi (315.000) oder im Bus (225.000). Doch den Geräten drohen noch schlimmere Gefahren: 58.500 werden jährlich von Hunden durchgekaut und 116.000 drehen ein paar Runden in der Waschmaschine.  (Quelle: https://www.jubatec.eu) Ist euch das Handy auch schon mal ins Klo gefallen? Bisher bin ich davon verschont geblieben? (Ein kleiner Gruß geht meinerseits an dieser Stelle augenzwinkernd mit einem Insider-Blick an meine liebe Freundin Helena =) )

6. Und was machst du mit leeren Klopapierrollen? Ich hörte, dass manche sie zu Kunstwerken im eigenen Bad stapeln. In meinem früheren Leben als Gemeindepädagogin verbastelte ich sie mit diversen Kindergruppen zu Rasseln, Stiftehaltern oder Laternen. Rumo zerfleddert sie am liebsten wie ein Schredder. Und du so?

Abschließendes Statement: Bei Corona handelt es sich um ein Kack-Virus, was aber zum Glück nicht die ungezügelte Scheißerei mit sich bringt. Deswegen: lasst bitte ein paar Rollen im Regal liegen für all jene, die sie wirklich brauchen =)

1 Kommentar

  1. Angelika Renner

    Oktober 27, 2020 at 2:27 pm

    👍😊

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