Manche von euch wissen schon, dass ich seit geraumer Zeit eine Weiterbildung zur Beraterin mache – nun schwinge ich in den letzten Zügen und dazu gehört es auch, eine Abschlussarbeit zu verfassen. Die Wahl lag zwischen einem großen Fallbericht aus der Arbeit oder einer thematischen Ausführung. Schnell hatte ich mich dazu entschlossen, ein Thema zu bedenken. Es sollte etwas sein, was mit der Beratungsarbeit zu tun hat und ich wollte auch, dass es etwas ist, was mich selbst bewegt. Und so landete ich bei „Geschichten“.

Geschichten sind mir so liebevolle, manchmal auch zumutende Begleiter und ich lande gedanklich immer wieder bei J. Bucay, der sagt: „Geschichten helfen Kindern einzuschlafen und Erwachsenen aufzuwachen.“ … Ich erinnere mich gern an die Wochenenden bei meinen Großeltern, in denen mir Omi verlas oder wir Märchenschallplatten hörten; ich erinnere mich an einen Urlaub in Traunstein mit meiner Familie, in der ich mir frühmorgens während noch alle schliefen mein Pferdebuch selbst vorlas, bis mir ein Milchzahn aus dem Mund fiel; ich denke an meine Studienzeit, in der ich lernte, Geschichten auseinanderzunehmen, zu deuten, anzuwenden, umzudenken, und an die vielen Seminarmorgen mit den FSJlern, in denen ich Geschichten las, um so über Themen ins Gespräch zu kommen und mir wichtige Gedanken zu platzieren. Und freilich dachte ich im Zuge dieser Abschlussarbeit auch an die Geschichten, die mich so sehr geprägt haben, dass sie zu „meinen Geschichten“ wurden… besonders die Frösche in der Milch…

Was das besondere an Geschichten ist? Nun, ich mag euch nicht mit systemischen Ausführungen quälen, doch sind es Geschichten, die die Tür zum Gefühl öffnen. So wie Bilder oder Musik oder Bewegungen. Dann, wenn unser Kopf, der ratternde Verstand, die Hamsterradgedanken und die vielen Fragen uns nicht mehr weiterbringen, dann breiten Geschichten eine andere Welt ins uns aus. Nicht, dass dadurch das Rattern weg wäre, es ist nur für einen Moment leiser, weiter weg, stiller, vielleicht sogar einen Hauch friedlicher. Und manchmal schafft ein Ausflug in die Geschichtenwelt einen Wechsel der Perspektive, der uns sonst auf Verstandesebene höchst wahrscheinlich nicht gelungen wäre.

Daheim bei mir stapeln sich inzwischen Bücher voller Geschichten und erst gestern war ein neues Buch in meinem Briefkasten. Gleich am Abend habe ich es in der Wanne „verschlungen“ und es waren so einige Geschichten, die mich selbst bewegten und mir eine neue Perspektive eröffneten…. aus dem Büchlein wollt ihr eine Geschichte? Könnt ihr gern haben… Sie heißt „erste Hilfe“.

„Ein kleiner Junge kam später nach Hause, als die Mutter erwartet hatte. Als sie nach dem Grund der Verspätung fragte, antwortete das Kind: „Ich habe Julia geholfen. Ihre Puppe ist kaputt gegangen.“ „Hast du geholfen, sie zu reparieren?“, fragte die Mutter. „Nein“, antwortete das Kind. „Ich habe ihr geholfen, zu weinen.“