Change-Management

Während ich den Titel dieses Beitrages tippe, sehe ich direkt das Gesicht meiner Omi vor mir. Wie sie leicht die Nase rümpft und über den „nei-mudschen Rotz“ den Kopf schüttelt. Vielleicht hätte sie auch bedauert, dass die deutsche Sprache immer wieder mit englischen Begriffen „angereichert“, „aufgepimpt“, „neu-modischer“ gemacht wird. Und an der Stelle wäre ich ihr wahrscheinlich zustimmend zur Seite gesprungen.

Mein inneres Bild wechselt von der Küche meiner Omi in die Schule nach Borna. Ich sehe meine Religionsklassen vor mir sitzen, die sich immer wieder mit den dunkelgrünen, „alten“ Luther-Bibeln rumärgern. Nun, das müssen sie auch, weil ich es ganz oft liebe, mit ihnen in diese sprachlichen Herausforderungen einzutauchen. Zu fragen, was diese altbekannten und oft ungewohnten Worte bedeuten könnte. Zu entdecken, welche Tiefe hinter ihnen stecken kann, welche Bilder sie eröffnen. Und wenn wir gar nicht weiterkommen und mich 28 fragende Augenpaare anstarren, dann „zaubere“ ich auch gern die Volx-Bibeln aus dem Schrank. Da herrscht dann erst großes Aufatmen, denn die Sprache scheint leichter zu greifen. Doch sehr oft wird der Text mit seinen Ebenen trotzdem nicht einfacher… doch das ist eine andere Geschichte.

Nochmals wechselt mein Bild zu einem Gespräch mit einer Freundin vor ein paar Tagen. Sie stellt mir unvermittelt eine Frage: „Welche Überschrift würde dein Jahr 2024 haben?“ Binnen Sekundenbruchteilen rasen innere Bilder durch mein Gehirn. Ein unzensierter Jahresrückblick… und dann bleibe ich hängen… Veränderungen in diesem Jahr. Es fühlt sich an als hätte sich alles und nichts verändert.

Menschen haben sich verabschiedet, andere habe ich bewusst ziehen lassen, neue sind aufgetaucht. Manche Dinge habe ich verloren, anderes bewusst verabschiedet, vieles ungeplant (wieder-)gefunden, anderes neu gekauft. Das Studium begann, eine Sportgruppe tauchte auf, zum Jahresende verabschiede ich mich aus dem Verlag.

Ich sehe mich im Renovierungschaos meiner Wohnung, im Kabarett, im Garten, im Büro, in Beratungssituationen, im Therapiesessel, im Wartezimmer der Augenärztin, im Camper auf der neuseeländischen Südinsel, im Flieger, im Auto, auf dem Rad, im und am See, im Wald, im Schnee. Sehe mich weinend, lachend, verzweifelt, taub, laut, leise, frei, entspannt. Sehe mich mit nackten Füßen und Sand in den Schuh’n, in nächtlichem Frost und lähmender Sommerhitze… und sehe durch die Frage nach der „Jahresüberschrift“ auch in jedem dieser Bilder „Veränderung“.

Und freilich werden so manche jetzt nickend und weise denken: so ist das Leben, anhaltende Veränderung. An der Stelle stimme ich auch zu und doch sind manche Jahre im Rückblick für mich stabiler als andere. Dieses Jahr war für mich sehr oft eine wirbelnde Veränderung und die Herausforderung, damit gelungen umzugehen. Gut aus den Veränderungen zu gehen, die ich hinnehmen musste. Den Kopf oben zu halten, zu fallen, aufzustehen und weiterzugehen. Und manch englisch angehauchter Mensch spräche dabei vielleicht von „Change-Management“. In meinem Kontext: die Kunst, mit Veränderungen umzugehen. Und das durfte und konnte ich in diesem Jahr üben.

Dazu gehört für mich auch, manches bewusst in meinem Leben „willkommen zu heißen“ und manches bewusst zu verabschieden. Zu Letzterem eben auch meine Entscheidung, nach mehr als 12 Jahren den Verlag „Phonus“ zu verlassen. Ich gehe mit innerem Frieden, mit großem Stolz auf all das, was wir gemeinsam in diesen Jahren geschafft haben, mit tiefer Dankbarkeit für alle Freundschaft unter uns, für alles Vertrauen, für manchen Zoff, für all das was ich lernen konnte. Tiefe Dankbarkeit für Begegnungen, Veranstaltungen, für alles gemeinsame Werkeln und Lachen… und auch jetzt – im Moment des Schreibens – blitzen mir tausendundein Bild durch den Kopf… So gehe ich mit einem weinenden Auge aber auch mit einem Lachen im Gesicht. Meine „Kunst“, mit Veränderungen umzugehen 🙂

Besonders stolz bin ich an dieser Stelle auf mein Buch. Manches Mal, wenn ich es in Händen halte, kann ich kaum glauben, dass ich das geschrieben habe 🙂 Wer es von euch noch nicht hat oder mal stöbern will, welch herrliche Sachen wir im Verlag noch gemacht haben, dem sei dieser Link ans Herz gelegt:

https://www.phonus-verlag.de/

Und wer direkt einen Bestellwunsch hat, der am besten noch vor Weihnachten da sein soll, kann mir gern über die Kommentarfunktion dieser Seite schreiben.

Ich wünsche dir einen adventlich-lichterfrohen Abend! Und ach, eh ich es vergesse: „Wie lautet deine Jahresüberschrift 2024?“

2 Kommentare

  1. Angelika Renner

    Danke, liebe Susann für den Einblick in Dein
    Leben- für diesen ganz persönlichen Jahresrückblick. Wünsche Dir weiterhin viel Freude am Aufstehen und Anpacken ❣️
    Frohe Weihnachten ❣️⭐️🌲🛎️
    Meine Jahresueberschrift 2024: „ Ernte“

    • sus

      Danke für die wundervollen Worte 🙂 Ich wünsche dir und deinen Lieben einen lichterfrohen dritten Advent! Liebe Grüße in die Ferne 😉

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