Monat: November 2025

Kränze am Jahresende

Letzte Woche noch Ewigkeitssonntag, heute erster Advent. Kränze verbinden die beiden Sonntage.

Wie? Dazu darf ich meine liebe Kollegin Lydia Spranger wörtlich zitieren:

„Wir gehen in diesen Tagen auf unsere Friedhöfe. Zum einen muss alles winterfest gemacht werden und zum anderen steht der Ewigkeitssonntag vor der Tür. Für viele ein schwerer Tag, ist doch das Gedenken an die verstorbenen Liebsten immer auch mit Schmerz verbunden. Wir als Christen betonen den Ewigkeitssonntag anstatt ihn landläufig Totensonntag zu nennen. Denn wir wollen von der Hoffnung erzählen, dass es ein Leben in Gottes Herrlichkeit und Nähe in Ewigkeit gibt, ein Leben nach dem Tod, in dem auch ein Wiedersehen möglich ist.

Als Symbol dafür haben wir den Kranz und es ist schön zu sehen, dass auch manche Gräber in der Hoffnung auf diese Ewigkeit ein Kranz schmückt. Er hat keinen Anfang und kein Ende, so wie Gottes Liebe. Die Farbe der Zweige, grün, ist die Farbe der Hoffnung. Und die dürfen wir haben!

Aber das ist noch nicht alles. Nur wenige Tage später wird uns der Kranz wieder begegnen. Diesmal mit roten Bändern geschmückt, also umgeben mit der Farbe der Liebe, der Liebe Gottes. Dazu kommen vier Kerzen, die nach und nach entzündet werden und so unser Warten begleiten. Zur Hoffnung und Liebe kommt der Glaube, dass Gott in diese Welt kam und mit Jesus seine Liebe greifbar wurde. Und wenn wir warten in Gottes Licht, dürfen wir auch die Ewigkeit erwarten.

Und so bleiben Glaube, Hoffnung und Liebe, aber die Liebe ist die größte unter ihnen. (Bibel, Neues Testament, 1. Korinther 13)“

Ambivalenzen

Vor ein paar Tagen, als ich abends das Auto vorm Haus geparkt hatte und ausgestiegen war, da roch ich ihn: den Frost, den Schnee, den Winter. Und mein Herz schlug schneller vor Vorfreude (auch wenn die Autofahrerin in mir kurz stockte). … Wenn ich in Vorstellungsrunden nach meiner liebsten Jahreszeit gefragt werde, wenn ich in Ankommensrunden mit Bildern eines auswählen muss: dann ist es zumeist der späte Herbst, der frühe Winter. Ich habe mein Herz an diese Zeit verloren. Dann ist die Hitze des Sommers auf jeden Fall vorüber, die Ernte ist „eingefahren“ und der Garten legt sich schlafen, dann wird es ruhiger und in mir auch klarer. Die Welt um mich her wird gefühlt langsamer, mein Blick wird freier, für mich weiter. … Deshalb habe ich es geliebt, letztes Jahr zwei Mal Herbst und Winter zu erleben: im Juni/ Juli in Neuseeland und dann danach nochmals in Deutschland 🙂 Du fragst dich sicher, was ich an dieser Jahreszeit liebe? Wo doch mindestens 90% der Menschen den Abschied vom Sommer bedauern und aus lauter Frust in die wärmeren Regionen der Erde urlaubend „flüchten“. Der Herbst ist in sich ambivalent: es ist ein Abschied im Ahnen des neuen Anfangs, ein Durchatmen vor der „nächsten Runde“, ein Aussortieren und zeitgleich Vorbereiten. In diesem Moment liegt Spannung und Entspannung zugleich – bis fast zum Zerreißen im Innen und Außen.

Freilich kann ich nicht leugnen, dass ich mich auch mit der Ambivalenz dieser Jahreszeit verbunden fühle. Es ist das Gold auf der einen, die Tristesse auf der anderen Seite. Es ist die Fülle der Ernte und der Schmerz des Verlustes. Es ist die Dankbarkeit und die Sehnsucht. Es ist die Freude und die Traurigkeit. Es ist das besondere Licht und die tiefe Dunkelheit. In mir ist Klarheit und Suchen, Verlieren und Finden, Tränen und Schmunzeln, Kälte und Wärme.

Diese Spannungen trage ich in mir – nicht nur im Herbst. Der späte Herbst deckt sie für mich am deutlichsten auf, lässt mich am stärksten fühlen. Und der darauf folgende Winter entspannt die gefühlten Widersprüche mit seiner kalten, pulsierenden, durchdringenden Klarheit. Dann kann ich am besten ausruhen und wieder Kraft tanken „für mein geliebtes Leben mit meinen inneren Ambivalenzen „für die nächste Runde“.

Ich wünsche dir einen spannenden und entspannten Herbst, Wärme im Herzen und Klarheit im Außen, Zeit zum Suchen, Geduld zum Finden, Trost im Verlust.

If I could turn back time…

Ich sitze gerade in meinem Bett und schreibe diese Zeilen. Die Füße sind unter der warmen Decke verstaut, mein Rücken lehnt an meiner großen Neuseelandfototapete und mein Kopf schwirrt von Gedanken. Seit dem Abwasch heute Nachmittag begleitet mich ein Ohrwurm – aus dem Nichts war er da „If I could turn back time…“ und ich befürchte, es wird mein „Song der Woche“ 🙂 Ohrwürmer halten sich zumeist hartnäckig in meinem Leben. (Weswegen ich mir übrigens schnell die Ohren zuhalten, wenn jemand in Ohrwurm-Sing-Laune summt oder pfeift. Nun also heute: Cher. Das Lied ist übrigens von 1989. Mal abgesehen davon, habe ich glaube ich gerade zum ersten Mal das Video zum Lied angeschaut – ein wenig irritierend die Matrosen, die Klamotte, das Setting. Dass mein Gehirn, mein Herz ausgerechnet heute dieses Lied auf die Lippen ruft, scheint in dieser Hinsicht etwas verwunderlich. 😉

„If I could turn back time…“? Was würdest du tun, wenn du die Zeit zurückdrehen könntest?

Gedankenspiele wie diese lösen in mir schnell Erinnerungen an Vergangenes aus. Und dann purzeln die Bilder in meinem Kopf: Wenn ich könnte, würde ich Rumo nochmal feste Knuddeln und ihm einen Ball über die Herbstwiesen werfen. Ich würde mit Rainer und Eva gern nochmal auf der Hollywood-Schaukel sitzen und mit Alfred und Käte durch den Erzgebirgswald stiefeln und Pilze sammeln. Ich würde gerne so manchen lauen Sommerabend und noch mehr Sand in meinen Schuhen fühlen wollen und ja: ich würde mich auch flugs zurück nach Neuseeland zurückdrehen, in die Robbenkolonie und zu den Keas…

„If I could turn back time“

Gedankenspiele wie diese zeigen mir nicht nur das scheinbar „Verlorene“ sondern auch, was heute dran ist: Begegnungen und gemeinsame Zeit, Ehrlichkeit und Vertrauen, Grenzen ziehen und Neues wagen, Verbindungen eingehen, Fragen stellen, Ich-hab-dich-lieb sagen und Umarmungen verschenken. Oder wie es Mark Twain festgehalten hat: „Das Leben ist kurz! Brich die Regeln, vergib schnell, küsse langsam, liebe wahrhaftig, lache unkontrolliert und bereue nichts, was dir ein Lächeln geschenkt hat.“ Ein schönes Vorhaben für mein neues Lebensjahr 🙂

Heute gehe ich mit großer Dankbarkeit schlafen. Unglaublich viel Dankbarkeit über die vergangenen Tage und die wunderbaren Begegnungen rund um meinem Geburtstag trage ich im Herzen! Ich bin dankbar für meine Wegbegleiter, alle herzlichen Impulse, die liebevollen Wünsche und auch über jede neue Falte auf meinem Gesicht. Geburtstage sind für mich Zäsuren zum Innehalten, wie Silvester und das neue Jahr. Mehr noch: dieses Jahr merke ich auch, dass all das nicht selbstverständlich ist und dass mir Wünsche wie Gesundheit, Trost, Zuversicht, Hoffnung und Kraft besonders nahe gegangen sind.

So wünsche ich dir in die Nacht auch Dankbarkeit im Herzen, Zufriedenheit mit dir und eine neue Woche voll unkontrollierten Lachens und langsamer Küsse 🙂

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