Schlagwort: Hoffnung

back to me…

Für mich hat heute die Adventszeit begonnen. Gestern der Ewigkeitssonntag – mancherorts auch Totensonntag – heute dann die beginnende Stille mit dem Warten auf Weihnachten. Gestern noch habe ich über das Dunkel und den Himmel, das Ende und das Licht am Ende des Tunnels nachgedacht. Habe geweint, schmunzelnd erinnernd, sehnend gehofft. Mit dem heutigen Montag findet für mich die Hoffnung des Ewigkeitssonntag mitnichten ein Ende, im Gegenteil: es schließt sich der Kreis. Advent ist Warten auf Weihnachten. Und Warten auf Weihnachten heißt für mich: Warten auf das Licht, warten auf den Hoffnungsschimmer. Meinen Blick in den Himmel richten und dem Stern vertrauen, dass er mich zum guten Ziel führt.

Wenn man den Supermärkten folgt, dann ist seit September Advent: Plätzchen, Spekulatius, gefüllte Spitzen, Stollen, Stollenkuchen, Weihnachtsgebimmel- und Gebammel, Glitzer und Glotzen, kletternde Weihnachtsmänner und Plastikweihnachtsbäume… Da kann man dann drei Monate Vorweihnachtszeit, vier Wochen Glühweinrausch auf dem Weihnachtsmarkt und drei Tage Weihnachten in sich reinschaufeln, bevor das Geböller eine Woche vor Silvester beginnt und spätestens am 6. Januar – denn dann gibt es ja die ersten Tulpen wieder im Laden – ein Ende nimmt.

Versteh mich nicht falsch: ich liebe Plätzchen und Stollen, Räucherduft und Männeln wecken, Schwibbögen und Baum schmücken, Geschenke packen und auch auswickeln. Doch alles zu seiner Zeit. Das ständige „zu früh, zu viel“ ist mir „zuwider“. Ich mag das Leise, Feine, das Zartwinkende am Advent, das „wartende Anschleichen“ auf Weihnachten hin und ja: Stollen gibt es bei mir erst am 25. Dezember 🙂

Wer mich besser kennt, der weiß, dass für mich das Jahresende und der Jahreswechsel die anstrengendste Zeit des ganzen Jahres sind. Bei allem schönen Licht und Gerüchen des Advents und Weihnachten jongliere ich in diesen Tagen am meisten mit meiner Energie. Ich fühle mich schneller ausgelaugt von meinen Gedanken, meinen Erwartungen, meinem inneren Sortieren, den Erwartungen der anderen… diese Wochen fühlen sich für mich zu schnell zu überladen an und ich warte vermehrt nicht auf Weihnachten, sondern auf die „normale Zeit“ im Januar.

Aus diesem Grund habe ich es „geliebt“, in der Gemeinde Advent- und Weihnachten durchzuackern, um mich abzulenken. Später dann auch Weihnachten und Silvester im Ausland zu verbringen – gefühlt weg von allem Anstrengenden. Und im Reisen kam ich mich vor allem „wieder zu mir“ – „back to me“.

Wenn ich allein reise, dann bin ich schneller bei mir, dann kann ich besser auf mich und meinen Energiehaushalt acht geben, dann merke ich leichter meine Bedürfnis, dann wird es einfacher still und ruhig in mir. Und auch wenn ich in diesem Jahr alle Tage in Deutschland bin, wünsche ich mir dieses „back to me“ für den Advent und die anschließende Weihnachtszeit. Ich wünsche mir, den Fokus vorrangig bei mir zu halten, Zeit für und mit mir zu haben neben all den kleinen, feinen Momenten mit meinen Lieben.

Und so nehme ich mir für den Advent etwas vor: ich möchte es, wie bei den Reisen halten. Da gibt es weniger Netz, da bin ich tagsüber kaum oder gar nicht erreichbar, da kann ich mein Handy schneller weglegen und eher die Stille genießen.

Deswegen wundere dich nicht, wenn ich in den kommenden Wochen kaum, verzögert, später schreibe oder zurückrufe. Ich bin auf dem Weg „back to me“, wartend auf das Weihnachtslicht. Detoxing könnte man neudeutsch sagen, voller Vorfreude auf das, was da kommen wird 🙂 Ich richte meinen Blick in den Himmel und vertraue dem Stern, dass er mich gut führen wird.

In diesem Sinne wünsche ich auch dir einen wunderbaren, wunderlichten, stillfeinen Advent!

Ihr da oben

„Ihr da oben“… In Anbetracht der – in der kommenden Woche – bevorstehenden Kommunal- und Europawahlen, ja auch die Landtagswahlen winken in Sachsen schon aus der Ferne, könnte der aufmerksame Leser vermuten, dass ich mich heute politisch äußere. Was soll ich sagen… weit gefehlt.

Aber ich habe ein „Geständnis“ für dich: ich habe Vox geschaut. Manchmal brauche ich sogenanntes Nicht-Nachdenke-Fernsehen zum Runterfahren nach einem langen Tag. Gestern bin ich in die Mediathek gestolpert und gelandet bei: Sing meinen Song. Die aktuelle Staffel. Die Folge über Sammy Amara – der Sänger von den Broilers. Und Johannes Oerding, in dessen Stimme und Musik ich eh schon länger verknallt bin, singt das Broiler-Lied „Ihr da oben“.

Ich könnte mir vorstellen, dass dir beim Hören auch Gesichter durch den Kopf, durch deine Erinnerung gezogen sind… und hast du dich vielleicht auch gefragt: „Welchen Namen zuerst? Den, der mir am meisten fehlt oder den, der weniger schmerzt?“

Wenn mich die Trauer und Verluste überrollen, mich die endgültige Traurigkeit über „bis-zum-Ende-gültige-Abschiede“ einholt, dann bin ich innerlich sehr froh und dankbar, meine Hoffnung zu haben. Meine Hoffnung auf das „da oben“, auf den Himmel. Ein Ort ohne Tränen. Ein Ort, an dem Abschiede hinfällig sind und auf ewig aufhören. An dem die Seelen miteinander tanzen und vielleicht auch in die Wolken schauen. Ein Ort, an dem meine Großeltern mit meinen drei Kindern spielen und Rumo zwischendrin hopst, Füße ableckt und geschmust wird. An dem es für ihn Leckerlis regnet und ich irgendwann Apfelmus bis zum Umfallen essen kann. Ein Ort, an dem man alles sagen und fragen kann, was man „hier unten“ nicht miteinander geschafft hat. Was man hätte unbedingt noch sagen wollen. Und Umarmungen nachholen. Und nach Erinnerungen fragen und gemeinsam Fotoalben anschauen. Und: in meinem Himmel gibt es Schnee und Eis und Mohnblumen zeitgleich, die Freesien duften und die Wälder am Wasser sind bunt gefärbt…

Wie stellst du dir das „da oben“, das Jenseits, den Himmel vor? Was stellen „die da oben“ an? Party auf der Wolke mit Katz und Hund und allem, was man schon immer mal machen wollte? Wie sieht dein Himmel aus?

Über Tod und Sterben und Trauer zu reden, ist nicht leicht. Es ist ein unangenehmes Thema, wird gesellschaftlich oft ausgespart. Wahrscheinlich jagt uns seine Endgültigkeit und Unausweichlichkeit und Unverrückbarkeit einen riesigen Respekt und auch Angst ein. Doch macht es mich auch achtsam und dankbar.

Dankbar für meine Himmelshoffnung. Manchmal begegne ich in meiner Arbeit Menschen, die glauben, dass nach dem Tod nichts mehr kommt, die auf kein „da oben“ hoffen. Damit begegnet mir dann auch ab und an eine große Hoffnungslosigkeit, ein mega Fragezeichen und zumeist wenig Trost. Dann wünsche ich den Menschen ein Stück meines Hoffnungsfunkens, der tief in meiner Seele wohnt. Damit ich diesen Funken nicht vergesse, wenn ich mal wieder am Boden hänge, trage ich das arabische Wort „amal“ (Hoffnung) als Tattoo an meinem Handgelenk.

Und in Anbetracht von Sterben und Tod werde ich achtsam: dafür, wie ich lebe. Heute und hier. Wie ich den Menschen „hier unten“ begegne, was ich unbedingt sagen und fragen möchte, was ich einfach stecken lassen sollte. Achtsam und dankbar für jeden Tag, an dem ich gesund wach werde, mich frei bewegen kann, meine Meinung offen sagen, lieben, lachen, weinen und im See abtauchen kann. Musik hören und tanzen und von meinem Hoffnungsfunken erzählen und dir diesen Beitrag schreiben kann.

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